Auf den meist großformatigen abstrakten Bildern in Öl auf Leinwand findet die Berliner Künstlerin Anna Steinert im Prozess der Entstehung immer neue Übergänge zwischen Zeichenhaftem, Gestischem, Malerisch-Räumlichem und zeichnerischen Setzungen. Alles hier befindet sich im Transit: die spontanen, expressiven Entwürfe, von Kringeln, Schraffuren, Linien, verwischten Flächen und auch Durchstreichungen sind über und nebeneinander gesetzt und fordern durch ihre intensive Farbigkeit und Schroffheit die gängigen Vorstellungen von Schönheit heraus.
Es geht nicht um ein ästhetisch balanciertes Bildverständnis, denn es gibt kein Rezept, kein Konzept und auch kein Narrativ dazu. Die Bilder entspringen dem Moment oder der Abfolge von Momenten, welche die Malerin vor der Leinwand verbringt. Das Gemalte wird somit bei aller Flüchtigkeit eine dialogische Manifestation des subjektiven Ausdrucks der Künstlerin als fühlendes, denkendes, und vor allem sehendes, malendes Individuum.
Diese quasi-seismografischen Aufzeichnungen sind Zeugnisse des Ringens um eine Bild-Form, des verzweifelten Suchens nach dem bisher ungesehenen Bild. Es gibt scheinbar keine Referenzen oder Verweise, die aus dem Bild führen. Wie bei No-Input Musik, eine hermetische Form des Harsh-Noise, wird hier keine Partitur nach harmonischen Noten gespielt, sondern die Schaltkreise selbst werden hörbar, bzw. hier sichtbar gemacht. Krach. Das macht die Bilder zu einer Art existienziellem Abbild des neuronalen Flackerns der Künstlerin.
Anna Steinerts Bilder sind aber auch eine Einladung an die Betrachter, die Bewegungen, Emotionen und Impulse nachzuempfinden, welche die Malerin beim Malen empfunden hat.
„Jedes Bild ist für mich ein erneutes Spiel, eine Herausforderung und Einladung, die Imagination zu trainieren, auf der Leinwand auszudiskutieren und auch kämpferisch damit umzugehen, indem ich sie malerisch zu begreifen versuche.“ (Anna Steinert Dezember 2022)
Text: Fritz Bornstück 12/22